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Staatsministerin Güler: "Der kalte Wind der Realität weht uns ins Gesicht"

Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Serap Güler (CDU), hat die Jahrestagung der Ludwig-Windthorst-Stiftung in Lingen zu einem eindringlichen Appell genutzt, Deutschland „ehrlicher, wehrhafter und widerstandsfähiger“ zu machen – nach innen wie nach außen. „Wir müssen uns nichts vormachen, die Sicherheitslage in Europa hat sich fundamental gewandelt“, sagte Güler im Ludwig-Windthorst-Haus (LWH), das sie als „Leuchtturm politischer Bildung“ würdigte. Zugleich betonte sie, dass man in einer Stadt wie Lingen „oft klarer sieht als im hektischen Berlin“, weil sich globale Bedrohungen längst im Alltag zeigten – durch Drohnen über Industrieanlagen oder „unerklärliche Störungen an unserer Infrastruktur“. Diese Vorfälle seien „keine diplomatische Floskel“, sondern „erste Warnsignale“, die zeigten, „dass wir mittlerweile mitten in einem Krieg angekommen sind“.

Die Staatsministerin zeichnete ein Bild Deutschlands, das sich über Jahre „in Watte gepackt“ habe und nun schmerzhaft feststelle, „dass Sicherheit kein Naturgesetz“ sei. „Der kalte Wind der Realität weht uns ins Gesicht“, sagte sie und sprach von einem Staat, der seine Verwundbarkeit zu spät erkannt habe – durch eine „kaputtgesparte Bundeswehr“, durch offene Infrastrukturen und durch die Erwartung, Sicherheit ließe sich „wie eine Dienstleistung abonnieren“. Umso entschiedener warb Güler dafür, Außen- und Innenpolitik nicht länger zu trennen: „Sicherheit im 21. Jahrhundert ist eine gemeinsame Staatsaufgabe.“ Die Zeiten, in denen man sie an „die Amerikaner, die Polizei oder die Bundeswehr delegieren“ konnte, seien vorbei.

Orientierung suchte Güler bei Ludwig Windthorst, dessen Haltung sie als Kompass für die Gegenwart deutete. Windthorsts Satz „Der Weg des Rechts ist der einzige Weg, der zum Ziel führt“ sei heute aktueller denn je: „Wir setzen dem Recht des Stärkeren die Stärke des Rechts entgegen.“ Doch Windthorst habe auch verstanden, dass eine Gesellschaft, „die sich im Inneren spalten lässt, nach außen schwach“ sei. An diese Tradition knüpfte Güler ihren zentralen Begriff: Resilienz. Sie beginne nicht in Ministerien, sondern „vor Ort – auf den Deichen, in den Feuerwehren, in Vereinen und Nachbarschaften“. Das Hochwasser im Emsland habe gezeigt, „was bürgerschaftliche Widerstandskraft bedeutet“.

Zuvor hatte Christian Fühner MdL, Vorsitzender der Stiftung, in seiner Begrüßung daran erinnert, dass Resilienz angesichts einer Weltlage, die von „Kriegen, geopolitischen Spannungen und gesellschaftlichen Umbrüchen“ geprägt sei, voraussetze, „Institutionen zu stärken, statt sie zu delegitimieren“. Zugleich verwies er auf das Erbe Ludwig Windthorsts, der gewusst habe, dass „Politik Verantwortung bedeutet und Verantwortung auch Haltung bedeutet“. Windhorst würde heute mahnen: „Bewahrt die Freiheit, stärkt das Recht, haltet zusammen und verliert niemals eure Zuversicht.“ Genau deswegen freue er sich, dass Serap Güler, die immer Haltung gezeigt habe und deren außenpolitische Erfahrung in einer „lauter, schneller und unruhiger“ gewordenen Welt Orientierung biete, als Festrednerin zur Jahrestagung nach Lingen gekommen sei. 

Begonnen hatte die Jahrestagung der Stiftung mit einem Gottesdienst, im dem Bischof Dominicus in seiner Predigt unter anderem darauf verwies, dass Frieden nicht allein die Aufgabe von Trump und Putin sei, sondern bei jedem Einzelnen beginnen müsse. Im Anschluss an die Festrede von Serap Güler stellte sie sich in einer Gesprächsrunde den Fragen von LWH-Direktor Marcel Speker und auch aus dem Publikum. Musikalisch bemerkenswert umrahmt wurde die Tagung auf der Violine von Franziska Scheffer – begleitet von Catherine Böing am Klavier von der Musikschule des Emslandes. Franziska Scheffer hat in diesem Jahr den 1. Platz beim Landeswettbewerb „Jugend Musiziert“ gewonnen.

 

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