Lernarchitektur in Finnland: Räume und Lernen gehen Hand in Hand

Im Rahmen eines Erasmus+ Projektes haben 13 Pädagog*innen eine Woche lang verschiedene Schulen und außerschulische Bildungseinrichtungen in Helsinki und Oulu besucht.

Bereits beim Besuch der Bibliothek Oodi in Helsinki wurde deutlich, dass Architektur und Lernen eine stimmige Symbiose eingehen. Lichtdurchflutete, offene Räume in Kombination mit einem funktionalen und gleichzeitig ansprechenden Interieur laden zum Verweilen ein. Und so verwundert es nicht, dass bereits morgens um 09:00 Uhr viele Menschen jeden Alters Oodi besuchen – um dort zu lesen, am Computer oder der Nähmaschine zu arbeiten oder sich mit anderen zu treffen.

Bibliotheken haben keinen musealen Charakter, sondern belebte, multifunktionale Räume. Kabbelnde Kinder, Jugendliche oder auch Senioren: Oodi hat am Tag etwa 10.000 Besucher. Auffällig ist, dass es auch ohne jegliche Beschränkungen ein ruhiger Ort ist. Der Architektur gelingt es, Ruhe auszustrahlen und durch geschickte Bauformen eine ruhige Atmosphäre zu schaffen. Oodi, das finnische “Wohnzimmer” direkt im Zentrum der Stadt neben dem Hauptbahnhof, war ein gelungener Auftakt, um in das finnische Bildungsverständnis einzutauchen.

Dieses Wohlfühlen begegnet uns auch in anderen Bildungseinrichtungen und wird in den Gesprächen von den Schulleitungen als wichtiger Erfolgsfaktor hervorgehoben. So haben wir anregende Lernumgebungen mit vielfältigem Mobiliar gesehen. Die Schüler*innen übernehmen Verantwortung für ihr Lernen und können selber ausprobieren, wo sie welche Aufgabe gut ausführen können.

Die verschiedenen Lehrräume sind gesprächsanregend gestaltet und bieten sowohl individuelle Arbeitsplätze zur Vor- und Nachbereitung als auch Sitzecken für Teambesprechungen. Überall ist uns die ansprechende und ästhetische Farb- und Formgebung aufgefallen, die immer im Einklang mit der Funktionalität ist. Stimmige Farbkonzepte werden als Leitsystem genutzt und gestalten gleichzeitig eine anregende Lernumgebung. Die Räume laden zum Verweilen ein und drücken gleichzeitig Wertschätzung gegenüber der Menschen aus, die ihre Zeit in diesen Einrichtungen verbringen: Die Schüler*innen, die Lehrkräfte und allen, die im Schulsystem beschäftigt sind.

Wohlbefinden bezieht sich auch auf das Lernen außerhalb des Unterrichts: Der finnische Lehrplan wurde so entrümpelt, dass unterrichtliches Lernen in der Schule stattfindet und keine Hausaufgaben zu erledigen sind. Nachmittags haben die Kinder Zeit zum Spielen und Kind-sein. Gleichzeitig wird das Lernen ganzheitlich und im Sinne eines lebenslangen Lernens gesehen. So konnten wir beispielsweise das FABLAB in Oulu besuchen. In einem FABLAB wird der Bevölkerung niederschwellig und kostenlos Zugang zu digitalen Fertigmethoden wie 3D-Druckern, Laserdrucker, Plottern oder Ähnlichem geboten. Und auch hier fand sich eine gemischte Altersstruktur wieder: Starwars-Figuren wurden im 3D-Drucker gefertigt und am Laserdrucker Gedichtzeilen in Holz gebrannt.

Wir haben während des Besuches und der Gespräche mit Bildungsakteuren in Finnland festgestellt: Das Land verfügt über ein hochwertiges und gleichzeitig für die Bevölkerung kostenloses Bildungssystem. Das führt dazu, dass Schüler*innen unabhängig von sozialer Herkunft oder Vermögensverhältnissen der Eltern gleiche Bildungschancen erhalten. Außer dem wird in Finnland viel Wert auf eine gleichermaßen ästhetische und funktionale Lernumgebung gelegt.

Wir waren immer wieder erstaunt über die ruhige und entspannte Atmosphäre in den Schulen und konnten den Aspekt des Wohlbefindens während unseres Aufenthaltes erleben, denn auch wir fühlten uns in den finnischen Bildungseinrichtungen wohl und haben uns über viele offene und herzliche Gespräche mit unseren finnischen Partner*innen gefreut.