Lernaktivität in Finnland: Was nehmen deutsche Pädagogen mit?

Erasmus+ ist ein europäisches Bildungsprogramm und ermöglicht Bildungspersonal einen Blick über den eigenen Tellerrand. Eine Gruppe von 13 Lehrkräften, Schulleitungen und Pädagog*innen verschiedener Schulen und Schulformen aus Niedersachsen haben sich auf den Weg nach Turku im Süden Finnlands gemacht. Dort wurden verschiedene Bildungseinrichtungen besucht und ein intensiver Austausch mit den Pädago*innen vor Ort ermöglicht. Nun stellt sich die Frage, welche Eindrücke und Ideen am Ende einer Lernaktivität in den Koffer für die Heimreise gepackt wurden?

Der Einblick in das finnische Schulsystem ist aus deutscher Sicht beeindruckend: Das finnische Bildungssystem ist weiterhin sehr gut und Finnland schneidet im Vergleich zu Deutschland in allen Bereichen deutlich besser ab. Insbesondere in den Bereichen der Förderung und Unterstützung der Lernenden ist Finnland im europäischen Vergleich weiterhin Spitzenreiter. In Finnland wird Wert darauf gelegt, Lernenden kurzfristige Unterstützung ohne aufwendige bürokratische Hürden zu bieten. Besonders beeindruckt hat die deutschen Pädagog*innen das Anti-Bullying Programm „KiVA“. Wie wichtig die Prävention im Bereich Mobbing ist, wird darin deutlich, dass schätzungsweise 10% aller Kinder weltweit systematisch gemobbt werden. Bereits 2006 wurde von der finnischen Regierung Anti-Bulling als wichtig eingestuft und ein wissenschaftlich fundiertes Anti-Bulling Programm an der Universität Turku entwickelt und landesweit verbreitet. Das Programm KiVa setzt bereits bei Kindern im Alter von 6 Jahren an und unterstützt Schulen und Eltern mit vielfältigen Materialien wie beispielsweise schülermotivierende Materialien zum Einsatz in Schule, Elterninformationen und sogar lernbasierte Computerspiele. Zentrale Botschaft ist: Auch wenn du nicht Opfer oder Täter von Mobbing bist, kannst du auf vielfältige Weise Mobbing verhindern! Die Teilnehmenden der Lernaktivität waren sich einig: Ein solches Programm wäre auch in Niedersaschen ein Gewinn!

KiVa ist ein Beispiel dafür, wie das finnische Bildungssystem auf Veränderungen reagiert und die Pädagog*innen umfassend unterstützt. Oberstes Ziel ist, die Lernenden optimal auf ihrem Lernweg zu unterstützen. Vertrauen und Verantwortung sind die beiden weiteren wichtigen Säulen des finnischen Bildungssystems. Die finnische Bevölkerung hat großes Vertrauen in die öffentlichen Schulen, in das Handeln der Lehrkräfte und in die Eigenverantwortlichkeit der Lernenden. Es erfolgt eine umfassende Unterstützung der Lehrenden durch Weiterbildung und eine hervorragende praxisnahe Ausbildung der Lehrkräfte an den Universitäten und den daran angegliederten Ausbildungsschulen. Ist das vielleicht der Grund, warum Finnland keinen Lehrkräftemangel hat?

Die Teilnehmenden haben am Ende der Woche festgestellt: „Der eigentliche Unterricht ist in Finnland nicht so anders als bei uns in Deutschland! Durch die Bereitstellung von multiprofessionellen Ressourcen wie beispielsweise durch Lerntherapeuten, Gesundheitsschwestern oder Psychologen an jeder Schule kann sich die Lehrkraft auf die Vermittlung von Unterrichtsinhalten konzentrieren. In Kombination mit den umfassenden nationalen Unterstützungsmöglichkeiten schafft dies eine wichtige Grundlage für guten Unterricht.