In der pandemiebedingt von Improvisation und Verzicht geprägten Situation des Jahres 2020 haben wir im Studienleitungsteam des LWH als Schwerpunktthema für das nächste Halbjahr festgelegt: „Was gibt mir Kraft?“ Woraus leben wir, wovon zehren wir, was macht uns widerstandsfähig? Diese Fragen sind für jede*n Einzelne*n und für unser Gemeinwesen von drängender Aktualität und Relevanz. Wir haben uns gefragt, ob die Formulierung „Was gibt mir Kraft?“ zu individualistisch sein könnte, ob sie zu sehr auf das eigene Bewältigen der Herausforderungen in Beruf und Alltag, zu sehr auf die eigene Gesundheit und das eigene Wohlbefinden fokussiert ist. So wollen wir das Schwerpunktthema jedenfalls nicht verstanden wissen. Zum einen, weil wir überzeugt sind, dass die Kraftquellen in vielen Fällen in der Gemeinschaft, in unseren Beziehungen, Familien, Freundes- und auch Kolleg*innenkreisen zu finden sind. Zum anderen aber auch, weil es in der Corona-Pandemie verstärkt auf individuelle Ressourcen ankommt. Wenn wegen des Infektionsrisikos die gemeinschaftlichen Begegnungen reduziert werden müssen, wenn wir uns gegenseitig nicht so gut Halt geben können, ist es auch mit Blick auf das Gemeinwesen umso wichtiger, dass wir die eigenen Kraftreserven mobilisieren können.
Das sagt sich leichter als es ist. Wenn Großeltern und Enkel*innen sich nicht oder nur mit 1,5 Meter Abstand sehen dürfen, fehlt allen etwas in der Beziehungsqualität. Und der mittleren Generation fehlt zudem häufig eine kräfteschonende Betreuungsalternative.Wenn in der Kirchengemeinde die sonntägliche Gemeinschaftserfahrung fehlt, wird es anspruchsvoller, den Glauben zu leben und nicht den Faden zu verlieren. Die Religion als Kraftquelle des Lebens droht sich zu verflüchtigen. Gute Gründe für die ehrliche Bestandsaufnahme: Was gibt mir Kraft? Und was kann ich selbst tun, um Kraft zu schöpfen, für mich und für andere?